Ein Ball aus Fell und die Suche nach einer neuen Heimat.

Eine lange Zeit seit dem letzten Eintrag, Viel passiert, viel Veränderung. Ein neuer Mitbewohner ist eingezogen. Ein kleiner, flauschiger Mitbewohner, der uns die Tage versüßt. Es ist anstrengend, ohne Frage. Oft weiß ich nicht mehr, wie ich meine Tage strukturieren soll. Dieser kleine Ball aus Fell nimmt auf einmal so viel Zeit in Anspruch, dass ich das Gefühl habe, dass für Arbeit und Putzen keine Zeit mehr bleibt. Und trotzdem – er hat mir die existentiellen Fragen genommen. Er hat das ständige Grübeln mitgenommen. Plötzlich bleiben nur noch die Fragen, wo man heute mit ihm spazieren geht, was die schönste Route wäre, wo wir uns alle am wohlsten fühlen werden. Und das ist definitiv der Wald. Wald-Luft riechen, das Laub und das Moos auf umgefallenen, knarzenden Bäumen. Holz-Geruch. Wald-Geruch. Ein sonniger Herbst allein mit Mann und Hund im Laub zwischen Bäumern. Was kann es besseres geben? Ich weiß es nicht mehr. 

Wir streunen querfeldein durch Laub und Matsch, halten uns an Ästen fest, um nicht davon geschwemmt zu werden. Und Flauschball dazwischen, freudig aufgeregt hüpft er davon wie ein kleines Reh. Und plötzlich merke ich: ich bin glücklich. Vielleicht nicht euphorisch, übertrieben glücklich, aber zufrieden. Sehr. Ich sehe in die Bäume und rieche das Moos und fühle mich immer noch fremd in der Welt, aber es ist, als hätte jemand plötzlich einen Anker geworfen. Als würde mich auf einmal etwas am Boden halten, vor dem Davonfliegen retten. Ohne eine Ahnung davon zu haben, tut dieses kleine Wesen so etwas Großes für mich. 

Plötzlich bin ich viel zu beschäftigt damit, ihm beim Spielen zuzusehen, als darüber nachzudenken, wo mein “ich” sich gerade befindet. Viel zu eingespannt, um über den freien Willen nachzudenken. Zu engagiert, um mich zu fragen, ob alles um mich herum gerade real ist. Und auch wenn mir das das “komische Gefühl” nicht 100%ig wegnimmt, so macht es doch alles um 100% erträglicher. Alles fühlt sich auf einmal leichter an. Alles fühlt sich zufriedener und stimmiger an.

Neben all diesen neuen Erfahrungen suchen wir momentan ein neues Zuhause. Wir haben genug davon, dass uns in der Küche das Wasser die Wand runterläuft, dass wir Angst haben müssen, dass es hinter der Tapete schimmelt, dass vielleicht die Dacharbeiten irgendwann im Frühling beginnen und wir dann ständig Leute vor dem Fenster haben, die neue Ziegel verlegen. Doch der Wohnungsmarkt… ist der Wohnungsmarkt. 2020. Anders als 2013, als ich das letzte mal umgezogen bin. Was gesucht wird: Nichtraucher, ohne Kinder und Haustiere, mit festem Einkommen – Sicherheit. Was wir bieten: Selbstständiges Arbeiten im Home-Office mit Hund und ein paar Rücklagen. Das reicht in den meisten Fällen nicht. Die Auswahl ist begrenzt. Wenn wir Glück haben, wohnen wir bald in Wuppertal in einer WG mit S-Bahnen, REs, ICEs und Güterzügen. 

Die Wohnung ist wundervoll, wirklich. Wenn man von dem Preis absieht und den Zügen, die quasi direkt durch’s Wohnzimmer fahren. Ich will trotzdem umziehen. Ich will dringend weg von hier. Ich will tatsächlich – das erste mal in meinem Leben – weg aus dieser Stadt. Es ist, als hätte ich (endlich) alles hier gesehen. Als gäbe es (endlich) nichts mehr, was mich hier hält. Ich brauche mehr Platz. Ich will Neues sehen.  Dringend. Vielleicht will ich auch einfach ein neues Leben.

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