Und plötzlich, unerwartet bin ich in einen Rückfall gerutscht. Anfangs langsam geschlittert und dann doch tief hineingefallen. Ich war so beschäftigt mit dem kleinen Ball aus Fell und der Suche nach einer neuen Wohnung, dass alle existentiellen Fragen plötzlich in den Hintergrund gerutscht waren. Ich fühlte mich immer noch irgendwie “nicht richtig”, aber zumindest waren die obsessiven Gedanken verschwunden. Zumindest ein Problem schien gelöst. Leider hatte ich vergessen, dass die Wohnungssuche irgendwann ein Ende finden und nicht jeder Moment mit Flauschball für immer neu und aufregend genug sein würde, um mich von dem eigentlichen Problem abzulenken. Denn genau das war es: wunderschöne, alles konsumierende Ablenkung. Die irgendwann ein Ende finden musste.
Die Wohnungssuche wurde aufgegeben, Flauschball wurde Teil unseres Alltags und plötzlich schlichen sich die Gedanken wieder ein, die sich auf wundersam schnelle Weise mit den gewohnten mentalen Zwängen paarten. Zwei, drei Tage lang war ich wieder Vollzeit-beschäftigt mit Fragen wie: “Gibt es “mich” überhaupt?” , “Kann ich Dinge entscheiden oder entscheidet sich alles in meinem Unterbewusstsein?” , “Ist unser Gefühl von “Selbstwirksamkeit” nur eine Illusion?” , “Sind wir alle in Wirklichkeit Bio-Roboter?” , “Was bedeutet “ich”? , “Wer oder was bin “ich”? , “Bin ich dieser Körper?” , “Entstehe “ich” nur in meinem Gehirn?”, “Warum bin ich überhaupt ich?” – und das vielleicht Schlimmste daran sind nicht mal die Fragen selbst, sondern das introspektive “Hinein-Starren” in “mich”. Das ständige Beobachten.
Wie fühle ich mich? Fühlt sich gerade alles “richtig” an? Fühlt sich die Welt “normal” an? Ich ertappe mich bei dem Versuch, ein Körperteil “bewusst” zu bewegen um dabei zu kontrollieren, ob ich ich es aus meinem freien Willen heraus getan habe. Und da die Antwort darauf nicht klar zu sein scheint, mache ich es immer wieder und wieder, um endlich Sicherheit zu bekommen. In der Hoffnung, dass – wenn es sich einmal “richtig” anfühlen würde – ich die ersehnte, “richtige” Antwort hätte. Ich beobachte meine Gedanken und versuche herauszufinden, ob ich diesen Gedanken bewusst denken konnte. Ich drehe mich im Kreis um mich selbst und das einzige was passiert ist Angst und Unsicherheit. In dem Wunsch, Sicherheit herzustellen. Wie absurd.
Manchmal versuche ich, einen bestimmten Satz zu finden, der mich aus diesem endlosen Karussell rausholt. Innerlich wiederhole ich immer wieder und wieder: “Ich bin mein Körper”, “Ich bin mein Körper”, in der Hoffnung, dass mich das endlich wieder erden würde und ich endlich wieder das Gefühl hätte wirklich hier und wirklich aktiv mitwirkend zu sein. Manchmal funktioniert diese dämliche Taktik für 2 Minuten, was wirklich nicht viel ist. Also versuche ich etwas anderes. Dann denke ich: “Vielleicht ist es möglich, eine Lösung zu finden, indem ich mir ein eigenes Modell für Körper-Geist-Bewusstseins-Zusammenhänge ausdenke, das mir gefällt. Das mich beruhigt, anstatt mir Angst zu machen.” Und manchmal finde tatsächlich etwas, was mir dann aber aus wissenschaftlicher Sicht so unlogisch erscheint, dass ich es wieder fallen lassen muss. Und wieder Angst und wieder am Anfang.
Und dann wieder die Sorge, dass die Gurus schon immer Recht hatten. Es gibt “mich” nicht, es gibt niemanden, der entscheidet und handelt. Alles ist nur ein Spiel, dem ich (als Bewusstsein) unbeteiligt zusehen “darf”. Was sich für mich eher nach “müssen” anfühlt und mich in nihilistische und depressive Gedanken und Gefühle treibt. Bis hin zu dem Gedanken, dass es eventuell sinnvoller wäre zu sterben, als für noch einige Jahre dieser Scheiße zusehen zu müssen, ohne etwas tun zu können.
Scheiß Kreisel. Scheiß Scheiß.
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