Da sitzt man dann
mit seinem Kaffee
unter Menschen
und fühlt sich fremd
Manchmal fühlt es sich an
als wäre ich immer
vor dem Leben davongelaufen,
obwohl ich eine zeitlang dachte,
ich laufe ihm entgegen
Doch auch da bin ich
ausgewichen,
habe mich weggeduckt,
vor mir selbst verborgen
hinter einer Fassade eingemauert,
mich selbst inhaftiert
ohne es zu bemerken
ohne es zu bemerken
war meine Welt
verzerrte Realität geworden,
angepasst an Konzepte
die nicht meine waren,
im Glauben
die *eine* Wahrheit zu kennen –
doch in Wahrheit
wollte ich die Wahrheit
gar nicht erst sehen
Und neben mir
sitzen zwei Frauen
und reden über Sandalen –
wie sie wohl ihre Welt erleben?
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Kaffee und Wahrheiten
14 -
Perspektiven, nonduale Wahrheiten und Ahnungslosigkeit.
Zuerst wollte ich schreiben: ALLES ist eine Illusion. Dann dachte ich: das stimmt nicht, es ist keine Illusion, es ist eine Perspektive. Alles ist eine Perspektive. Eine menschliche, eine tierische, eine insektische.. jedes Lebewesen sieht die Welt anders, fühlt die Welt anders. Und nur wir Menschen sind so überheblich, dass wir denken eine „wahre Perspektive“ erlangen zu können.
Vieles an der nondualen Szene macht mich ziemlich wütend. Aber ganz oben steht der Wahrheitsanspruch der “Satsang-Lehrer”. Was sie scheinbar nicht sehen (oder nicht sehen wollen) ist: Sie tun ich genau das, was sie vor ihrer Begegnung mit der Nondualität getan haben – sie glauben einem System. Wie jedes System beruht auch das der Nondualität auf bestimmten Annahmen, die natürlich innerhalb des Systems keine Annahmen sind, sondern “DIE Wahrheit”. Denn klugerweise können diese Annahmen vom jeweiligen Schüler auf Richtigkeit “überprüft” werden, weshalb es sich dann offensichtlich um die Wahrheit handeln muss. Denn – wenn etwas subjektiv überprüfbar ist – muss es die objektive Wahrheit sein. Jupp. Macht Sinn.
“Du bist nicht dein Körper”, ist die wohl wichtigste Annahme, des bedingungslos geglaubt wird, dicht gefolgt von “Du bist nicht deine Gefühle” und “Du bist nicht deine Gedanken”. Daraus resultieren viele “Einsichten”, die letztendlich dazu führen sollen, dass das nicht-existente “Ich” erkennt, dass es nicht existiert, womit Gefühle wie Frieden und Liebe einhergehen. Die dann natürlich niemandem mehr geschehen, weil derjenige nicht mehr da ist. Warum dieser Zustand (der natürlich kein Zustand ist) erstrebenswert sein soll, ist mir (inzwischen) unbegreiflich. Aber natürlich ist das nur mein Verstand, der da redet, weil er nicht begreifen kann, wie wundervoll diese nicht-Erkenntnis ist. Er möchte lieber in seinen alltäglichen Problemen herumirren, weil er sich dort so wohl fühlt. Deswegen verneint er die Erkenntnis. Deswegen ist jeder Zweifel an der Lehre ein Zweifel des Verstandes und kein Zweifel von “mir” – ich bin ja schließlich nicht meine Gedanken. Wie wundervoll, ich kann alles abgeben. Jegliche Verantwortung gehört mir nicht mehr, hat mir nie gehört. Endlich bin ich frei. Endlich kann dieser Körper alles tun und lassen, was er will, denn ich bin es ja nicht. Endlich habe ich eine Ausrede für alles. Wow.
(mehr …)5 -
Kerzen, Wein und Melancholie.
Ich genieße Kerzen und Wein und einen Hauch, einen kleinen Hauch, Melancholie. Melancholie, die immer mein Zuhause war und es immer irgendwie sein wird. Ich habe versucht diese Stimmung in mir wegzuchanten, wegzumeditieren und wegzudenken. Ich wollte das nicht mehr – ich wollte mich selbst nicht mehr.
Ich wollte die Düsternis in mir heilen und habe nicht gesehen, dass vielleicht der Weg durch die Düsternis Heilung bedeutet und es nicht einmal darum geht, nachher ohne sie zu leben.
Noch ein Schluck Wein, mich noch ein bisschen beduselter fühlen und ein wenig traurig sein, dass ich nicht das getan habe, was ich hätte tun sollen – schreiben. Manchmal habe ich das Gefühl, das wäre meine Lebensaufgabe gewesen – das war das Einzige, für was ich gebrannt habe – damals.
Ich erinnere mich an Zeiten, in denen ich immer ein Notizbuch dabei hatte und mich häufiger zurückgezogen habe, um Verse darin festzuhalten. Immer wieder, zwischendurch. In der Bahn, auf der Straße. Ob jemals ein Text daraus geworden ist, weiß ich nicht, aber darum ging es nicht. Es war Selbstausdruck, den ich immerhin für mich selbst festhalten konnte. Und ich hatte keine Angst, was jemand anders über meine Schreibereien denken würde. Ich habe es einfach getan. Und mir war immer klar, dass ich später Schreiben werde. Aber ich habe es nicht getan. Stattdessen habe ich mich in der Idee verloren, irgendwann mal über meine Erleuchtung zu schreiben – was für ein Schwachsinn!
(mehr …)7 -
Eines Tages möchte ich sagen können:
Es ist mir egal, ob diese Welt eine Illusion ist, oder ob ich eine Illusion bin. Ob es mich nun in der “absoluten Wirklichkeit” gibt oder nicht – es ist mir egal. Ich erfahre mich als existent und ich erlebe eine Welt. Eine Welt aus Farben und Formen, Häusern und Türen, Straßen, Lichtern und Lebewesen. Und ich erfahre eine andere Welt, aus Gedanken und Gefühlen die niemand außer mir erfahren kann. Sie ist meine und verbunden mit der Welt dort draußen. Es ist mir egal, ob ich in “Wahrheit” das formlose Nichts bin. Im Moment habe ich eine Form – BIN ich eine Form. Lebe und erlebe ich durch diese Form. Ich brauche das “Nichts” nicht mehr und ich bin das “Nichts” nicht mehr. Ich bin alles, was in mir ist, nicht nur ein kleiner Teil davon. Das ist meine Realität. Das ist die Realität, die ich erlebe. Ich in einer Welt. Ich agierend in einer Welt. Ich – mal mehr, mal weniger präsent, aber trotzdem immer hier. Eindeutig existent, daran wird nicht mehr gezweifelt. Ob meine Identität real ist oder nicht interessiert mich nicht mehr. Manchmal sterben Teile davon, doch aus ihnen sprießen neue Geschichten, die mit der Zeit Form annehmen und sich eingliedern in eine neue Identität. Manche Teile bleiben sogar und begleiten mich für immer. Es ist schön, “jemand” zu sein. Ich muss nicht mehr “niemand” sein. Ich darf mein Körper sein. Ich darf ein Mensch sein. Ich darf identifiziert sein, mit was auch immer ich identifiziert sein möchte. Keine Verbote mehr und keine fremden Glaubenssysteme.
Das alles werde ich hoffentlich irgendwann sagen. Wenn endlich die größten Zweifel überwunden sind.
Let teachers and priests and philosophers brood over questions of reality and illusion. I know this: if life is an Illusion, then i am no less an illusion, and being thus, the illusion is real to me. I live, I burn with life, I love, I slay, and i am content.
Robert E. Howard6 -
Angst, Akzeptanz und Authentizität
Ich habe diese Woche viel über Angst und Akzeptanz nachgedacht und dabei feststellen müssen, dass ich noch viel mehr Angst habe, als ich mir eingestehen will. Und noch viel weniger Akzeptanz für meinen Zustand, als ich gerne hätte. Ich vermute, dass, wenn ich meinen Zustand 100% akzeptieren würde und keine Angst mehr davor hätte, es mir zumindest ein wenig besser gehen würde. Beides ist schwierig. Radikale Akzeptanz fühlt sich an wie Aufgeben. Als würde ich mich dann damit abfinden, dass es für immer so bleibt und als würde es deswegen dann auch für immer so bleiben. Und diese Vorstellung ängstigt mich sehr. Für immer nicht mehr ich-selbst sein, für immer fremd und abgeschottet in dieser Welt – und auch nicht in ihr, sondern irgendwo anders, einsam und isoliert in meinem Kopf, ohne Zugang und Verbindung zu irgendwem und irgendwas. Und dennoch versuche ich daran zu arbeiten. Weniger Angst und mehr Akzeptanz, weniger im-Kopf-verändern-wollen, mehr fühlen. Ich habe die leise Vermutung, dass ich mich mir selbst näher fühle, je näher ich meinen Gefühlen komme.
Gestern habe ich lange mit S. darüber gesprochen, welche Gedanken dazu beitragen diesen seltsamen Zustand am Leben zu erhalten. Ich redete sehr viel und am Ende weinte ich ein bisschen. Danach ging es mir besser. Als hätte ein Teil von mir Raum bekommen, der sonst lieber versteckt bleibt. Und als würde das ein wenig der Entfremdung lösen, zumindest für kurze Zeit.
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Die Flucht ins ultimative Wunderland.
Das einzige, was ich kann, das einzige, was ich immer konnte, ist abhauen. Mich mit Joints, Satsangs, Alkohol oder Tabletten sedieren. Flüchten. Vor der Welt und vorallem vor mir. Vor Themen, denen ich mich längst hätte stellen sollen – Der Unzufriedenheit mit meinem Körper, der Angst vor dem Sterben, der Unfähigkeit, mir selbst Gutes zu tun. Der Angst vor sozialem Kontakt, der Angst vor dem Leben, der Angst vor mir selbst. Angst ist DAS Thema.
Ich war und bin immer noch Profi meiner eigenen Selbstzerstörung. Und nie reicht es. Nie sind es genug Pillen, nie ist es genug Schnaps. Damals waren es nie genug Satsangs und nie genug Joints. Ich will hier sein, aber ständig brauche ich etwas, was mich „hier“ rausholt. Wie paradox und bescheuert.
In den Zeiten, in denen ich vollgepumpt war mit Non-Dualitäts-Weisheiten hatte ich das Gefühl, endlich angekommen zu sein. Endlich einen Weg gefunden zu haben, mit mir selbst und der Welt in Frieden zu sein. Die einzige Phase, in der ich nicht mehr ständig weg wollte. Zumindest, solange ich mir den täglichen Schuss Advaita gönnte.
(mehr …)5 -
Der verdammte Schalter im Kopf.
„Damals“, vor drei Jahren, bevor „es“ passiert ist, habe ich meine Wahrnehmung nicht angezweifelt. Ich habe mir all diese seltsamen existentiellen Fragen nicht gestellt. Ich habe nicht permanent getestet, wie „präsent“ ich bin. Ich habe mich nicht permanent gefragt, wie real sich die Welt gerade anfühlt oder ob ich mich wie „ich“ fühle. Ich war einfach ich und die Welt war die Welt. Mein Fokus war nicht so verdreht. Vor ein paar Tagen las ich einen Beitrag über Depersonalisation/Derealisation, in dem jemand schrieb, dass depersonalisierte Menschen ihr Leben nicht mehr „inside out“, sondern „outside in“ leben und das macht vollkommen Sinn. Früher habe ich nicht in mich hineingestarrt, auf der Suche nach einem „ich“, ich habe aus meinem „ich“ hinaus nach draußen gesehen.
Ich weiß allerdings immer noch nicht so richtig, was ich damit anfangen soll. Die Ratschläge, die man am meisten hört, sind: lebe dein Leben weiter wie zuvor – tue so, als gäbe es die DP gar nicht – vergiss, dass du es hast – denke nicht darüber nach – akzeptiere deinen Zustand. Und ja, es macht Sinn. Ich habe nicht darüber nachgedacht, bevor es mich getroffen hat. Aber es scheint inzwischen ein so eingefahrenes, unterbewusstes Muster zu sein – das ständige Checken, das ständige Drüber-Nachdenken – dass ich nicht mehr weiß, wie ich es unterbrechen soll. In der Zeit, in der es sich „angeschlichen“ hat, gab es Fluktuation, wechselte meine Aufmerksamkeit zwischen normalem Erleben und dieser seltsamen Welt-und-Selbst-Wahrnehmung hin und her, bis sich schließlich eine Art Schalter in meinem Kopf umlegte, den ich nicht mehr zurückswitchen kann. Und je mehr ich mich anstrenge, es zu tun, desto schlimmer wird es.
Und ich sehe den Zusammenhang zu anderen Ängsten, die ich in meinem Leben hatte. Je mehr ich darauf fokussierte, je mehr Angst ich davor hatte, je mehr ich darüber nachdachte, desto schlimmer wurde das Symptom, desto schlimmer wurde genau das, wovor ich Angst hatte. In den schlimmsten Zeiten meiner Emetophobie war mir dauernd übel. Und ich hatte dauernd Angst davor, mich zu übergeben, dachte ständig darüber nach, was passieren würde, wenn es passieren würde. Wieso fällt es mir jetzt so schwer zu glauben, dass es das gleiche Phänomen ist? Nur, weil es ein seltsameres Symptom ist? Es ist ein so absolut unfassbares, ungreifbares Erleben, das mir unvorstellbar wäre, wenn ich es nicht selbst erleben würde. Es ist so fernab jeglicher „normal gelebter Realität“, dass es schwerfällt mir einzugestehen, dass ich mir das Ganze nur „herbeirede“. Und vielleicht spielt „herbeireden“ alles auch zu sehr herunter. Soweit ich weiß, gibt es genug physiologische Zusammenhänge, als dass man sagen könnte, dieser Zustand wäre komplett „eingebildet“ – aber ich bin mir sicher, dass (zumindest in meinem Fall) sehr viele Teile davon rein gedanklicher Natur sind.
Manchmal versuche ich mir vorzustellen, ich hätte von all den spirituellen Theorien nie etwas gehört. Es hätte Advaita und Non-Dualität niemals in meinem Leben gegeben. Ich hätte niemals gehört, dass ich nicht mein Körper, meine Gefühle oder meine Gedanken bin. Ich wäre niemals davon überzeugt gewesen, dass wir alle nur „Bio-Roboter“ sind, die keine freie Wahl haben. Mir hätte niemals jemand erzählt, dass es „mich“ nicht gibt.
Was wäre dann? Ich glaube, ich wäre einfach nur ich – mit allen „Ichs“, die ich haben könnte. Ich schmecke Freiheit und Leichtigkeit in der Vorstellung und trotzdem bleibt es nur eine Idee. Ich kann nicht jeden einzelnen Advaita-Gedanken aus meinem Gehirn ausradieren, wie soll das nach so vielen Jahren gehen?
Wie wird man eine so tief-sitzende Überzeugung los? Wie kann ich damit leben, dass ich mich niemals zu 100% vom Gegenteil überzeugen kann? Dass ich niemals 100% sicher sein werde, dass meine Existenz nicht nur eine Idee ist? Wie höre ich auf, etwas zu glauben, wenn es keine Beweise für das Gegenteil gibt? Ich versuche mich für den Glauben zu entscheiden, der scheinbar besser für mich wäre, aber es ist verdammtverdammtverdammt schwer, wenn ich es nicht fühlen kann.
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