Das einzige, was ich kann, das einzige, was ich immer konnte, ist abhauen. Mich mit Joints, Satsangs, Alkohol oder Tabletten sedieren. Flüchten. Vor der Welt und vorallem vor mir. Vor Themen, denen ich mich längst hätte stellen sollen – Der Unzufriedenheit mit meinem Körper, der Angst vor dem Sterben, der Unfähigkeit, mir selbst Gutes zu tun. Der Angst vor sozialem Kontakt, der Angst vor dem Leben, der Angst vor mir selbst. Angst ist DAS Thema.
Ich war und bin immer noch Profi meiner eigenen Selbstzerstörung. Und nie reicht es. Nie sind es genug Pillen, nie ist es genug Schnaps. Damals waren es nie genug Satsangs und nie genug Joints. Ich will hier sein, aber ständig brauche ich etwas, was mich „hier“ rausholt. Wie paradox und bescheuert.
In den Zeiten, in denen ich vollgepumpt war mit Non-Dualitäts-Weisheiten hatte ich das Gefühl, endlich angekommen zu sein. Endlich einen Weg gefunden zu haben, mit mir selbst und der Welt in Frieden zu sein. Die einzige Phase, in der ich nicht mehr ständig weg wollte. Zumindest, solange ich mir den täglichen Schuss Advaita gönnte.
Danach schmierte ich wie immer hart ab, vergammelte in einer Mischung aus Selbsthass, Angst und der Unfähigkeit, etwas zu ändern. Und dann sagte mir der nächste Satsang-Lehrer, dass nichts geändert werden müsse. Und es half, mich besser zu fühlen, meinen abgef***ten Lifestyle einfach weiter zu leben, in dem Glauben daran, dass „ich“ es sowieso nichts ändern konnte, weil alles eben geschah, wie es geschah. Der Glaube, keine Kontrolle zu haben, beruhigte mich auf seltsame Art und Weise. Aber er sedierte mich auch. Machte mich unfähig, an meinen Themen zu arbeiten. Er half mir, alles in den Untergrund zu drängen, alles bekam den Unwichtigkeits-Stempel, alles war wertlos im Gegensatz zur großen Selbsterkenntnis, die mir den Frieden bringen sollte, nach dem ich mich so sehr sehnte.
Heute sehe ich, dass auch das nur eine Flucht war – die Flucht in die Hoffnung, eines Tages erleuchtet zu sein und dann mit der Welt und meinen Problemen nichts mehr zu tun haben zu müssen. Die ultimative Flucht in das ultimative Wunderland. Hat nicht funktioniert. Hat am Ende alles nur schlimmer gemacht. Am Ende hatte ich meine „Erleuchtung“ gefunden, bzw. das, was ich unter Erleuchtung verstand. Ich war nicht mehr der „Handelnde“, ich war nicht mehr die „Person“, ich war nicht mal mehr dieser Körper – ich war nichts mehr. Ausgelöscht. Ich habe erreicht, was man mir als ultimatives Glück verkauft hat – „Sterben vor dem Sterben“. Und hat es mir Glückseligkeit gebracht? Den ewigen, unaussprechlichen Frieden? Klarheit? Nein. Es brachte Panik, Verwirrung und Angst, schlimmere Angst als ich je hatte. Schlimmer, als ich überhaupt für möglich gehalten hätte.
Und so finde ich mich wieder. Am Anfang. Da wo es begonnen hat – Angst und Panik und die Suche nach einem Ausweg. Und was tue ich? Das gleiche wie immer – exzessive Flucht. Bloß weg hier. Und neben all den Strategien, die ich schon immer hatte, kann ich jetzt auch noch dissoziieren – herzlichen Glückwunsch. Eigentlich habe ich bekommen, was ich wollte. Ich habe eine Tür geöffnet in eine Welt, die so fernab von dieser ist, dass ich dort nicht mal mehr existiere. Doch aus der Ferne der Nicht-Existenz erkannte ich plötzlich den Wert der Existenz – Hier-sein ist wertvoll, Erleben ist wertvoll, Ich-sein, Person-sein ist wertvoll. Und ich starre aus der Ferne auf die ehemalige Selbstverständlichkeit dieser Dinge und frage mich, wie ich den Weg zurück wohl finde, ob ich ihn wohl jemals finden kann.
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