Immer mal ein paar gute Tage und dann wieder für (gefühlte) Wochen dieser Scheiß. Und wieder der Versuch, es zu verstehen, wieder der Versuch, einfach damit zu leben, wieder der Versuch, mich zu entspannen und wenigstens die Angst loszulassen. Und wieder Scheitern und wieder von vorn. Ein endlos ermüdender Kreislauf und die Pausen sind kurz. Aber wenigstens sind sie da – zwischendurch – Momente der “Normalität” oder besser gesagt Momente, die mich an etwas wie “Normalität” erinnern.
Wie ich mich selbst nicht mehr lesen kann. Wie ich meine eigene Leier nicht mehr ertragen kann. Fuck.
Ich bin so ermüdet und genervt vom Internet. Davon, dass es ständig da ist. Egal, wo ich bin, lauert es auf mich und will, dass ich mir sinnlose Dinge ansehe. Und ich kann nicht widerstehen. Es ist so einfach – der Eskapismus in eine Welt, in der ich eigentlich nicht sein will. Ich vermisse die Zeiten, in denen es Handys statt Smartphones gab. In denen Internet Chatten und Musik runterladen bedeutete und es einen Tag lang dauerte, bis das Lied endlich auf dem Rechner angekommen war. Und man nebenbei Dinge getan hat. Kreative Dinge. Zumindest, wenn man nicht darauf hängengeblieben ist, dem Downloadbalken zuzuschauen.
Eine Zeit in der man sich noch damit beschäftigt hat, was man eigentlich machen will, anstatt bei Instagram darauf zu schauen, was andere Menschen machen. Ich vermisse meine eigene Kreativität. Damals war mein Rechner eine Form des Ausdrucks und nicht nur ein Ort, um Geld zu verdienen oder meine Zeit sinnlos zu vertreiben.
Ständig das Gefühl, zu müde zu sein. Zu müde, um wirklich etwas zu tun, mich mit etwas auseinander zu setzen. Also sitze ich dann da. Vor dem scheiß Gerät. Und dann wird ein Film oder ein YouTube Video nach dem anderen geguckt, während ich zocke, weil mich das, was ich da sehe, eigentlich gar nicht interessiert. Was ist das für ein Leben geworden?
Soviel Wut, soviel Verzweiflung, soviel Wunsch auszubrechen, so wenig Kraft, so müde. Einfach nur ausruhen … einfach nur ein paar schöne Dinge tun … aber keine Zeit dafür. Im Vergleich zu den Jahren davor, bzw. im Vergleich zu meinem ganzen Leben (!), ist alles sehr durchgetaktet, alles sehr organisiert. Und dann muss ich Geld verdienen – müssen wir Geld verdienen – und ich sitze den ganzen Tag an diesem scheiß Gerät. Ich bin so müde davon. Ich spüre das Bedürfnis, etwas ganz anderes zu tun, etwas mit meinen Händen, weit weg von Licht und Bildschirmen. Etwas mit Blumen vielleicht. Aber dann denke ich rational darüber nach und merke, dass es keinen Sinn ergibt. Und dann kommt die Verzweiflung. Verzweiflung über die Welt und das System, in dem wir leben, Verzweiflung, davon abhängig zu sein, Verzweiflung überhaupt HIER zu sein. Ob es eine andere Daseinsform gibt? Wenn ja, werde “ich” sie kaum erfahren … und dann noch ein Schub Verzweiflung hinterher.
Ein bisschen Jägermeister auf die Traurigkeit schütten. Der Wunsch ein Gedicht zu schreiben, aber ich weiß nicht mehr, wie das geht. Wütend auf meine Jugend, wütend, dass es so schnell vorbei ging. All die Inspiration und Nächte rauchend vor dem Computer. Wie heute noch, doch irgendwie anders. Irgendwie ist alles so weit weg gerückt. Jeglicher Sicherheits-Ort ist verloren gegangen und seitdem schwimme ich in mir hin und her – was irgendwo in meinem Kopf ist, glaube ich.
Jedes Wort scheint mir millionenmal leerer, als es früher war. Ich schreibe weiter, aber weiß nicht warum und wofür? Wieso nicht einfach ins Bett gehen? Dorthin, wo es nachts nie so gemütlich ist wie morgens. Wo man nur darauf wartet, endlich einschlafen zu dürfen, um der Leere hier zu entgehen. Alles klingt wie eine scheiß Floskel.
Und dann denke ich: was erwarte ich eigentlich? wie real sollte sich die Realität anfühlen um echt genug für mich zu sein?
Wo ist die Grenze zwischen real und irreal? und wer legt sie fest? ist nicht nur in meinem Kopf irgendetwas verschoben, aus dem Gleichgewicht geschleudert worden?
Wie konnte die Selbstverständlichkeit meiner eigenen Existenz so unselbstverständlich werden?
Ich habe genug. Endgültig genug von dem vorgespielten Scheiß. All dem kopierten Scheiß. All dem unauthentischen so-wäre-ich-auch-gerne-Scheiß. Oh, ich resoniere ja so mit den Worten von bla-bla-bla. Interessiert mich nicht. Die Worte von Bla-Bla-Bla interessieren mich nicht mehr. Weg mit dem. Ich wünschte ich könnte ein poetisches Gedicht darüber schreiben, aber das kann ich nicht. Die scheiß Poesie fehlt.
Ich hasse sie einfach nur noch. Die ganzen Eckharts und Rumis und Buddhas – weg mit denen. Ich bin so wütend, aber noch weit entfernt das wirklich auszudrücken. Ich verstecke mich immer noch hinter meinem Schreibtisch. Aber eigentlich denke ich mir: WHAT THE FUCK???? What the really FUCK is going on with this Menschheit??? Haben wir nur noch tote Vorbilder? Was ist da los? Wir sollten uns unsere eigenen Weisheiten mitteilen und was machen wir? Scheiß Bilder von scheiß toten Leuten oder scheiß “weisen Leuten” teilen. Es fuckt mich so ab. Es ist so langweilig und tot und buah, es kotzt mich so an.
Ich genieße Kerzen und Wein und einen Hauch, einen kleinen Hauch, Melancholie. Melancholie, die immer mein Zuhause war und es immer irgendwie sein wird. Ich habe versucht diese Stimmung in mir wegzuchanten, wegzumeditieren und wegzudenken. Ich wollte das nicht mehr – ich wollte mich selbst nicht mehr.
Ich wollte die Düsternis in mir heilen und habe nicht gesehen, dass vielleicht der Weg durch die Düsternis Heilung bedeutet und es nicht einmal darum geht, nachher ohne sie zu leben.
Noch ein Schluck Wein, mich noch ein bisschen beduselter fühlen und ein wenig traurig sein, dass ich nicht das getan habe, was ich hätte tun sollen – schreiben. Manchmal habe ich das Gefühl, das wäre meine Lebensaufgabe gewesen – das war das Einzige, für was ich gebrannt habe – damals.
Ich erinnere mich an Zeiten, in denen ich immer ein Notizbuch dabei hatte und mich häufiger zurückgezogen habe, um Verse darin festzuhalten. Immer wieder, zwischendurch. In der Bahn, auf der Straße. Ob jemals ein Text daraus geworden ist, weiß ich nicht, aber darum ging es nicht. Es war Selbstausdruck, den ich immerhin für mich selbst festhalten konnte. Und ich hatte keine Angst, was jemand anders über meine Schreibereien denken würde. Ich habe es einfach getan. Und mir war immer klar, dass ich später Schreiben werde. Aber ich habe es nicht getan. Stattdessen habe ich mich in der Idee verloren, irgendwann mal über meine Erleuchtung zu schreiben – was für ein Schwachsinn!
Ich stoße mit mir selbst an. Darauf, dass sich das Leben wieder etwas lebenswerter anfühlt – wer hätte das gedacht?
Da ist eine Stimmung in mir, neu und bekannt und aufgeregt – und sie fühlt sich tatsächlich nach etwas an – vielleicht ein bisschen wie Tanzen barfuß im Sand oder wie Liegen mit Kopfhörern im hohen Gras, in der Nase der Geruch von frisch gefallenem Regen.
Es ist mir egal, ob diese Welt eine Illusion ist, oder ob ich eine Illusion bin. Ob es mich nun in der “absoluten Wirklichkeit” gibt oder nicht – es ist mir egal. Ich erfahre mich als existent und ich erlebe eine Welt. Eine Welt aus Farben und Formen, Häusern und Türen, Straßen, Lichtern und Lebewesen. Und ich erfahre eine andere Welt, aus Gedanken und Gefühlen die niemand außer mir erfahren kann. Sie ist meine und verbunden mit der Welt dort draußen. Es ist mir egal, ob ich in “Wahrheit” das formlose Nichts bin. Im Moment habe ich eine Form – BIN ich eine Form. Lebe und erlebe ich durch diese Form. Ich brauche das “Nichts” nicht mehr und ich bin das “Nichts” nicht mehr. Ich bin alles, was in mir ist, nicht nur ein kleiner Teil davon. Das ist meine Realität. Das ist die Realität, die ich erlebe. Ich in einer Welt. Ich agierend in einer Welt. Ich – mal mehr, mal weniger präsent, aber trotzdem immer hier. Eindeutig existent, daran wird nicht mehr gezweifelt. Ob meine Identität real ist oder nicht interessiert mich nicht mehr. Manchmal sterben Teile davon, doch aus ihnen sprießen neue Geschichten, die mit der Zeit Form annehmen und sich eingliedern in eine neue Identität. Manche Teile bleiben sogar und begleiten mich für immer. Es ist schön, “jemand” zu sein. Ich muss nicht mehr “niemand” sein. Ich darf mein Körper sein. Ich darf ein Mensch sein. Ich darf identifiziert sein, mit was auch immer ich identifiziert sein möchte. Keine Verbote mehr und keine fremden Glaubenssysteme.
Das alles werde ich hoffentlich irgendwann sagen. Wenn endlich die größten Zweifel überwunden sind.
Let teachers and priests and philosophers brood over questions of reality and illusion. I know this: if life is an Illusion, then i am no less an illusion, and being thus, the illusion is real to me. I live, I burn with life, I love, I slay, and i am content.
Das will man ja dann auch nicht – diese platzenden Venen, diesen aufgeblähten Körper, befallene, verseuchte Organe, keine Luft mehr kriegen, Ersticken, Schlaganfall, Herzinfarkt Hirntod vergessen.
Medikamente, Krankenpfleger und nicht mal das eigene Bett.
Wann ist der richtige Zeitpunkt um auszusteigen? und wie?
Ich mag Katzen und Wälder. Leere Straßen und Friedhöfe. Kapuzen im Gesicht und Regen auf den Wangen. Eichhörnchen und Herbst. Spaziergänge, Cappuccino und Kopfhörer. Zigaretten und Botucal.
Ich mag gemeinsam in der Nacht wach liegen. Reden über Dinge, die unaussprechlich sind. Flauschige Decken und warmer Baldrian-Tee. Panna Cotta und russischer Zupfkuchen. Pommes mit genug Majonnaise. Horror-Filme und Zeichentrick. Einhörner, Glitzer, Dinge in Rosa und Dinge in Schwarz. Wind in den Haaren, Bäume und das Gefühl, Zuhause zu sein.
WARUM?
Ich habe schon früh angefangen zu schreiben. Erst (danke Wolfgang Holbein!) Fantasy-Geschichten, dann Tagebücher, dann Gedichte, zwischendurch dann wieder Geschichten, die aber nie fertig wurden. Wenn mich als Kind jemand fragte, was ich werden wollte, sagte ich immer: „Schriftsteller“. Doch dann entdeckte ich Eckhart Tolle, Advaita und Nondualität. Und damit auch viele Konzepte. Eins davon: „Lebe immer und ausschließlich im Hier und Jetzt“ und „Gedanken trennen dich von diesem Moment“. Der Frieden, der mir versprochen wurde, war so anziehend, dass ich all diese Konzepte nicht hinterfragte. Ich war bereit, alles für das Leben im „hier und jetzt“ zu geben. Das bedeutete leider auch, dass meine Tagebücher mit der Zeit immer weniger Einträge hatten. Sobald ich versuchte, etwas aufzuschreiben, fiel mir auf, dass es sich entweder auf die Vergangenheit oder Zukunft bezog oder auf einem Gedanken beruhte. Oft saß ich abends vor dem Buch und starrte auf die leeren Seiten, unfähig etwas zu finden, was des Aufschreibens wert gewesen wäre.
Nach vielen Jahren der Suche nach Erleuchtung und Erkenntnis brach dann ziemlich plötzlich alles zusammen. Seitdem versuche ich mich wieder zusammen zu setzen, mich selbst und meine Menschlichkeit wiederzufinden, jenseits von Erleuchtung und Erwachen. Und das Schreiben ist ein Teil davon.